Eine antike Anekdote handelt vom griechischen Philosophen Thales von Milet, der in einen Brunnen stürzte, während er realitätsabwesend seinen astronomischen Studien nachging. Eine einfache thrakische Magd, die zufällig Augenzeugin des Unglücks wurde, lachte sich schief über den zerstreuten Professor, der, während er die Geheimnisse des Universums zu ergründen versuchte, an einer kleinen Herausforderungen des Alltags scheiterte. Ein Defizit an Alltagstauglichkeit haben viele „große“ akademischer Geister noch immer, vor allem, wenn sie der Linken zuzuzählen sind. In Erinnerung ist mir persönlich ein österreichischer Historiker, für den seine Sekretärin den damals noch gebräuchlichen Kassettenrecorder einschalten musste, wenn er eine Radiosendung aufnehmen wollte. Er selbst war dazu nicht in der Lage.
Der bedeutendste Philosoph des 20. Jahrhunderts, Martin Heidegger, vertrat die Auffassung, dass jene, die sich der Weite des Himmels öffnen, auch „in das Dunkel der Erde wurzeln“ sollten. Und Odo Marquard meinte, dass Zukunft Herkunft brauche und somit alle Zukunftsentwürfe mit den bodenständigen Traditionen, der Kultur und der Geschichte der einfachen Menschen in Verbindung stehen sollten. Und für den Begründer der modernen Linken, Karl Marx, war die Geschichtswissenschaft die Königin der Wissenschaften, mit dem Schicksal der Armen und Rechtlosen in ihrem Mittelpunkt.
Seinen „historischen Materialismus“ kennzeichnet eine Abfolge von Epochen, von denen eine jede auf der ihr vorhergehenden aufbaut. Ganz der Dialektik Hegels verpflichtet, ist für Marx der Kapitalismus die Aufhebung des Feudalismus und der Sozialismus die des Kapitalismus. Der Begriff der Aufhebung beinhaltet im gleichen Maße Überwindung und Erhaltung. Das Wertvolle der alten Zeit soll in die nächste historische Epoche eingehen und dort eine neue Funktion erhalten. Dass die naiven postmodernen Linken mit Heidegger, Marquard und Hegel nichts anzufangen wissen, ist nicht weiter verwunderlich, dass ihnen jetzt aber selbst die Gedanken ihres Kultheiligen Karl Marx fremd geworden sind, bedeutet, dass die gesamte Linke ein vernunftloses Konglomerat geworden ist, das von immer wiederkehrenden, fiebrigen, woken Affektschüben gebeutelt durch die Welt wankt und täglich den undialektischen Plan einer kulturellen Disruption voranzutreiben versucht, die nur zerstört und nichts erhält. Ein Epochenbruch muss her und das um jeden Preis. Den haben dann vornehmlich die einfachen Menschen zu bezahlen.