Jedes Kind weiß, dass es nichts langweiligeres gibt, als den Himmel – und so erscheint uns oft auch der Held mit “Ecken und Kanten”, der “Outlaw”, der Grenzen demonstrativ überschreitet, viel interessanter als der tugendhafte, der sich selbst aufopfert, erläutert eXXpress-Kolumnist Bernhard Heinzlmaier unsere Lust am bösen Helden.
Ulrich Bröckling unterscheidet in seinem Buch „Postheroische Helden“ zwischen dem Tugendhelden und dem Helden als Outlaw. Während der Tugendheld die Regeln des Gemeinwesens stabilisiert, indem er sich bis zur Selbstaufopferung für diese einsetzt, destabilisiert der Outlaw das gesellschaftliche Gefüge durch demonstrative Grenzüberschreitungen.
In beiden Typen steckt der sogenannte puer robustus, seinem Wesen nach ein schwer zu kontrollierender Störenfried. Die Elite der Helden umgibt eine durchschnittliche gesichtslose Masse, die sich in ihrer Bedeutungslosigkeit langweilt und ein eintönig gleichförmiges Leben zu führen gezwungen ist. Sie ist dem stupiden und trostlosen Dasein in einer linken Gesinnungsgesellschaft ausgeliefert, in der das Gutsein tägliche Pflicht ist. Sie lebt im hypermoralischen Himmel auf Erden.
Nichts ist langweiliger, als der Himmel
Jedes Kind weiß, dass es nichts Langweiligeres gibt als den Himmel. Schon ein alter Witz erzählt davon, wie die Auserwählten Gottes im Paradies fadisiert und angeödet von sanften Harfenklängen, fröhlichen Nonnengesängen und inbrünstigen Gottesanbetungen herumsitzen und sehnsüchtig in die Hölle hinabblicken, in der tagaus tagein rauschende Feste und exzessive Orgien gefeiert werden.
Der Böse hat deshalb so starke Anziehungskraft, weil er kein reiz- und trostloser Langweiler ist. Er ist unterhaltsam und aufregend und eröffnet ein Handlungsfeld, das den postmodernen Narzissten begeistern muss, da es Selbstverwirklichung bis zur Ekstase verspricht. Wo der Herr der Finsternis regiert, dort feiert die Triebbefriedigung täglich ihre wilden Feste, während das Gottesreich von Vernunft und Tugendhaftigkeit und damit von der Verdrängung triebhafter Wünsche beherrscht ist.