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gegen den zeitgeist
Veröffentlicht: 09.04.2025
Kategorie: Politik

Der Wiener Wahlkampf ist eine traurige Veranstaltung. Stimmung kommt nicht auf, die Stadt liegt da, als wäre sie in Trance. Erhitzte Diskussionen finden in den Wohnzimmern, den Gaststätten und Kaffeehäusern und in den Werkskantinen der Großbetriebe nicht statt. Und die Einschaltquoten politischer Sendungen sind bestenfalls durchschnittlich. Offenbar hat das Wahlvolk die Lust an der Politik verloren. Aber wie ist es dazu gekommen? Versuch einer Analyse. 

Vor den Wahlen gedämpfte Stimmung in Wien 

In den Wiener Parteien herrschen Lustlosigkeit und abgeklärte Schicksalsergebenheit. Wahlsieger und Wahlverlierer stehen heute schon fest. Bei einer zu erwartenden niedrigen Wahlbeteiligung wird sich die ÖVP halbieren und die FPÖ verdreifachen. Alle anderen werden mehr oder weniger stagnieren. Spannung kommt in der Politik immer dann auf, wenn mit Überraschungen gerechnet werden kann. Aber in der von Christian Stocker eingeleiteten Ära der eisigen Einfalt ist jede Spontanität erstarrt und jede politische Emotion erfroren. Kaum jemand kann sich an Zeiten erinnern, in der eine politische Atmosphäre geherrscht hat, die dermaßen frei von Esprit, Kreativität, Geist, Leidenschaft und jeglicher Aufbruchsstimmung war. An der Spitze des Staates stehen nun einundzwanzig Staatsbeamte, von denen sich keiner zu bewegen wagt, wohl aus Angst, er könnte die Aufmerksamkeit der Medien auf sich ziehen. Niemand von ihnen scheint in die Verlegenheit kommen zu wollen, die Fragen von Journalisten beantworten zu müssen, da alle zusammen wissen, dass sie auf sie keine befriedigenden Antworten haben. Der Bundeskanzler ist einsilbig und wirkt dickhäutig, schwer zugänglich, wenig empfindsam. Der Kulturminister beschäftigt sich mit TV-Serien der Unterschichten, die Außenministerin flippt neurasthenisch in der Welt herum und wie der Infrastrukturminister heißt, weiß kein Mensch mehr. Peter Hanke ist im politischen Nirwana verschwunden, wo er schon als Wiener Finanzstadtrat überwiegend seine Zeit verbracht hat. 

Auch das Volk ist wenig euphorisch