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gegen den zeitgeist
Veröffentlicht: 15.01.2025

Nichts fürchtet der Österreicher so wie die Freiheit. Denn die Freiheit ist ein vertracktes Ding, erfordert sie doch selbstständiges Denken und eigenverantwortliches Handeln. Weil er nicht riskieren will, als unbequemer Störenfried gelesen zu werden, unterwirft sich der Österreicher lieber der Staatsmacht und den Konventionen der Massengesellschaft. So hat er es gelernt.

Der Konventionalismus ist der ideale Lebensstil des österreichischen Massenmenschen. Man gibt sich selbst auf und bekommt im Ausgleich dafür eine Rundumbetreuung von Parteienstaat, Gewerkschaften und der Kirche. Der durchschnittliche Österreicher ist ein braver Mitmacher, der aber hinter vorgehaltener Hand ständig räsoniert, und zwar über alles. Offen spricht er über sein Unbehagen aber nicht. Das unterdrückt er lieber, vergiftet dadurch seine Seele und wird in der Folge zu einem Menschen voller Ressentiments und Dünkel. Ich habe den Vergleich. Während der Hamburger dazu neigt, trocken zu sagen, was er denkt, ist der Wiener ein Freund der süßlichen Lüge und der Niedertracht. Artikuliert der eine seinen Unmut und will Meinungsverschiedenheiten austragen, schluckt der andere seine Aggressionen mit freundlichem Gesicht hinunter, rächt sich aber auf das Bösartigste, wenn er die Chance dazu bekommt. Die österreichische Staatsoperette ist unerträglich. Ihr schwülstiges Pathos fühlt sich an, als würde man in eine Marzipantorte beißen, die beim Zerkauen im Mund immer mehr wird und eine dermaßen penetrante Süße hinterlässt, dass man augenblicklich in eine Salzgurke beißen möchte. Das österreichische Staatsfeiertagspathos und den oberlehrerhaften und pompösen Katholizismus, dessen wuchtiges Orgelspiel die Gläubigen nicht erhebt, sondern förmlich auf die Knie niederdrückt, kann man nur ertragen, wenn man von früh bis spät alles ironisch dekonstruiert, was einem begegnet. 

Die Franzosen hatten ihre Revolution, die Österreicher ihr Biedermeier